Der Musikmarkt verändert sich rasant. Für viele Künstlerinnen und Künstler ist es schwieriger denn je, von ihrer Arbeit zu leben. Streaming-Plattformen bringen kaum Einnahmen, Live-Auftritte sind seltener geworden. Dennoch gibt es Möglichkeiten, weiterzumachen – mit Unterstützung, Kooperationen und neuen Ideen. Immer mehr Musikerinnen und Musiker suchen nach Wegen, ihre Kunst trotz steigender Kosten und sinkender Einnahmen fortzusetzen. Dabei spielen regionale Förderungen, neue Netzwerke und gemeinschaftliche Projekte eine zentrale Rolle.
Inhaltsverzeichnis:
- Schwierige Zeiten für Sebastian Hampf und andere
- Unterstützung durch Music Pool Berlin und Zentrum Pop
- Arbeitsteilung und neue Strategien
- Neue Strukturen und Solidarität
- Merchandising als Überlebensstrategie
- Streaming und Plattformen
- Konkurrenz durch künstliche Intelligenz
- Zahlen und Entwicklungen im Überblick
- Perspektive für die Zukunft
Schwierige Zeiten für Sebastian Hampf und andere
Der deutsche Musikmarkt ist hart umkämpft. Vor allem für Newcomer ist es kompliziert geworden. Streaming-Dienste zahlen erst ab 1.001 Abrufen. Pro Stream fließen nur zwischen 0,003 und 0,011 Euro. Um 1.000 Euro zu verdienen, braucht man zwischen 80.000 und 250.000 Streams. Diese Zahlen zeigen, wie gering die Erträge tatsächlich sind.
Auch das Live-Geschäft leidet seit der Pandemie. Viele Clubs haben höhere Betriebskosten, das Publikum wählt große Acts. Kleine Bands wie die von Sebastian Hampf kämpfen um jede Bühne. Für viele lohnt sich ein Auftritt kaum, da Gagen selten kostendeckend sind.
- Weniger Auftrittsmöglichkeiten.
- Niedrige Streaming-Einnahmen.
- Steigende Produktions- und Reisekosten.
- Überlastung durch Selbstmanagement.
Diese Faktoren treffen besonders junge Musikerinnen und Musiker, die ihren Traum noch nicht aufgeben wollen.
Unterstützung durch Music Pool Berlin und Zentrum Pop
Seit Jahren gibt es in Berlin und Brandenburg verschiedene Förderprogramme. Dazu gehören Music Pool Berlin, das Zentrum Pop in Potsdam und ImPuls Brandenburg. Sie bieten Beratung, finanzielle Hilfe und Vernetzung an.
Music Pool Berlin organisiert kostenlose Coachings mit Expertinnen und Experten aus der Branche. Monatliche Community-Abende und Workshops fördern den Austausch. Das Zentrum Pop bietet Erstberatungen, Seminare und Netzwerkveranstaltungen für Musikerinnen und Musiker aus Brandenburg.
Welche Förderung passt, wird in individuellen Gesprächen besprochen. Berliner Künstlerinnen und Künstler können sich beim Musicboard Berlin um Stipendien und Tourförderungen bewerben. Bundesweit unterstützt die Initiative Musik Projekte, Auslandsvorhaben und Newcomer.
2024 nutzten rund 2.000 Musikschaffende die Angebote von Music Pool Berlin. Das Musicboard Berlin förderte etwa 150 Musikerinnen, Musiker und Projekte. In Brandenburg erhielten über 300 Kunstschaffende Unterstützung durch das Zentrum Pop. Laut Ulrike Oehmichen von ImPuls Brandenburg sind die Anfragen seit Corona deutlich gestiegen.
„Der Bedarf an Beratung, Förderung und Netzwerken wächst“, erklärt sie. Besonders in Krisenzeiten wurde deutlich, wie wichtig stabile Strukturen sind. ImPuls Brandenburg informiert regelmäßig über Ausschreibungen und Fördermöglichkeiten. Es übersetzt die Bedürfnisse der Szene in kulturpolitische Forderungen.
Arbeitsteilung und neue Strategien
Neben finanzieller Unterstützung ist Organisation entscheidend. Die meisten Musikerinnen und Musiker arbeiten heute in mehreren Rollen. Sie sind gleichzeitig Kreative, Manager, Designer und Buchhalter. Laut Laura Gertken von Music Pool Berlin fühlen sich viele überfordert vom sogenannten Nebenbei-Geschäft.
- Kreation (Songs, Inhalte)
- Performance (Proben, Auftritte)
- Büroarbeit (Booking, Webseiten, Produktion)
- Networking (Presse, Kooperationen)
Um sich zu schützen, setzt sie persönliche Grenzen. Das ist wichtig, denn laut einer Mental-Health-in-Music-Studie von 2022 leiden 73 Prozent der Musikerinnen und Musiker unter Stress oder Angst, 69 Prozent berichten über Depressionserfahrungen.
Neue Strukturen und Solidarität
Music Pool Berlin empfiehlt, ein eigenes Netzwerk aufzubauen. Aufgaben sollen verteilt werden. Zusammenschlüsse in Kollektiven helfen, Ressourcen zu teilen und sich gegenseitig zu entlasten. Petra Sitzenstock betont, dass kollektive Arbeit langfristig Strukturen stärkt.
In Deutschland ist ab Januar 2026 ein Live Music Fund Germany geplant, initiiert von der Bundesstiftung Livekultur. Der Fonds soll über eine freiwillige Gebühr beim Ticketkauf finanziert werden. Ziel ist die Unterstützung kleiner Clubs, Newcomer, unabhängiger Veranstalterinnen und sozialer Projekte.
Das Modell ähnelt einer sogenannten „ticket levy“, wie sie bereits im Fußball existiert. Auch dort werden mit Beiträgen großer Spiele kleine Vereine gefördert.
Merchandising als Überlebensstrategie
Für Marlène Colle und ihre Band Paula Paula sind Live-Auftritte die wichtigste Einnahmequelle. Dabei spielt nicht nur die Gage eine Rolle. Der Verkauf von Merchandise-Artikeln machte bei ihrer letzten Tour rund 50 Prozent des Einkommens aus.
Straßenmusik bleibt für manche eine sichere Einnahmequelle. Förderveranstaltungen mit garantierter Gage sind ebenfalls attraktiv. Doch Booking ist zeitintensiv. Luise Letsch vom Zentrum Pop beschreibt es als „hartes Geschäft“. Man müsse viele Mails schreiben und oft mehrfach nachfragen. Absagen seien an der Tagesordnung.
Streaming und Plattformen
Die Streaming-Vergütung bleibt ein zentraler Schwachpunkt. Zwischen 0,003 und 0,011 Euro pro Stream sind kaum rentabel. Kleinere Dienste wie Qobuz zahlen meist besser. Bandcamp ermöglicht zudem faire Verkäufe.
Viele Musikerinnen und Musiker versuchen, eine treue Community aufzubauen. Newsletter werden zunehmend wichtiger als soziale Netzwerke, weil sie direkten Kontakt zu Fans erlauben. Follower-Zahlen verlieren an Bedeutung. Ein einziger „Superfan“, der regelmäßig kauft und Konzerte besucht, zählt mehr als tausend passive Follower.
Konkurrenz durch künstliche Intelligenz
Eine neue Herausforderung ist KI-generierte Musik. Immer häufiger werden Songs veröffentlicht, die komplett von Maschinen erstellt sind. Petra Sitzenstock sieht darin eine wachsende Konkurrenz, besonders für unabhängige Künstlerinnen und Künstler.
Music Pool Berlin berät inzwischen auch zu diesem Thema. Wichtig sei, wie man sich positioniert und seine eigene Community stärkt. Marlène Colle lehnt KI-Musik für sich ab. Sie betont, dass sie den kreativen Prozess liebt und ihn nicht ersetzen lassen würde.
Sie fordert klare Kennzeichnungen für KI-generierte Titel und wünscht sich eine Funktion, mit der Nutzerinnen und Nutzer solche Inhalte ausschalten können. KI könne hilfreich sein – etwa für Organisation oder Produktion –, doch sie ersetze keine Authentizität.
„Echte Geschichten und menschliche Verbindung sind das, was Musik ausmacht. Das kann keine KI übernehmen“, sagt Petra Sitzenstock.
Zahlen und Entwicklungen im Überblick
Eine Übersicht der wichtigsten Daten:
| Jahr | Organisation | Unterstützte Künstler:innen | Schwerpunkt |
|---|---|---|---|
| 2024 | Music Pool Berlin | ca. 2.000 | Beratung, Workshops |
| 2024 | Musicboard Berlin | ca. 150 | Stipendien, Tourförderung |
| 2024 | Zentrum Pop Brandenburg | über 300 | Netzwerk, Coaching |
| 2024 | Initiative Musik | über 500 | Bundesweite Förderung |
Diese Zahlen verdeutlichen den steigenden Förderbedarf. Trotz aller Schwierigkeiten bleibt das Engagement groß.
Perspektive für die Zukunft
Auch wenn die Rahmenbedingungen schwierig sind, zeigt sich in Berlin und Brandenburg eine lebendige Szene. Neue Förderstrukturen, der geplante Live Music Fund Germany und lokale Netzwerke geben Hoffnung.
Viele Musikerinnen und Musiker setzen auf Eigeninitiative und Solidarität. Sie bauen sich kleine Teams, teilen Aufgaben und bleiben kreativ. Das Ziel ist, unabhängig zu bleiben und gleichzeitig nachhaltig zu arbeiten.
Der Weg bleibt anspruchsvoll. Aber durch Kooperationen, Förderung und Gemeinschaft kann Musik in Deutschland auch künftig überleben – jenseits der großen Namen und jenseits der Algorithmen.
Quelle: rbb24



